Musik
Ich höre gerne Musik und dilettiere am Klavier. Hier stelle ich ausgewählte Platten vor, die mich angesprochen haben.
Weihnachtsmusik unaufdringlich - das ist die Quintessenz dieser Einspielung des Pianisten Martin Stadtfeld: Musik die man nicht nur zur Weihnachtszeit hören kann, so unbekannt sind die Stücke, die er ausgewählt hat - oder so stark bearbeitet. Beim Weihnachtsblockbuster "Stille Nacht" muss man schon genau hinhören, um ihn zu erkennen. Das unterscheidet diese schöne Weihnachts-CD von vielen, die mit zu viel musikalischem Puderzucker in einer Zeit daherkommen, die schon süß genug ist.
Deutschlands erfolgreichster Jazzmusiker Till Brönner hat mit Jazz-Legende und Grammy-Preisträger Bob James ein Album aufgenommen, das die Kunst der Intuition wiederbelebt. Die beiden haben sich in der Provence getroffen, in den legendären Studios von "La Fabrique", wohin schon Charles Aznavour und Nick Cave gepilgert sind. Mediterranes Terroir und die Wärme des Südens lassen Brönners ohnehin smoothigen Sound noch besser wirken. Musik zum entspannen und träumen - nicht nur vom Urlaub.
Seit 30 Jahren steht die norwegische Jazzsängerin Silje Nergaard auf der Bühne. Mit einem Doppelalbum, das einfach ihren Namen trägt, hat sie sich zum Jubiläum selbst beschenkt - und ihrer weltweiten Fangemeinde eine große Freude gemacht.
CD 1 präsentiert ihre größten Hits in einem ganz besonderen Arrangement: begleitet nur durch ein Piano. CD 2 zeichnet die Geschichte der jungen Silje Nergaard nach, die die Welt erobern will - in acht neuen Songs sowohl in Englisch als auch in Norwegisch.
Eine Stimme von mädchenhaftem Charme - das zeichnet die 1971 in Stockholm geborene Sängerin und Songschreiberin Lisa Ekdahl aus. Zehn neue Songs hat sie in ihrem neuen Album eingespielt. Freunde entspannter Grooves und subtiler Arrangements kommen hier auf ihre Kosten. Der Hauch erlebter zarter Melancholie, der über den meisten der Titeln liegt, passt zu Ekdahls Stimme und geben der neuen Platte eine poetische Leichtigkeit, die den einzigartigen und farbigen Stil dieser Sängerin betont.
Wenn ein Ausnahme-Bassbariton auf die beste Bigband der Republik trifft, muss etwas Besonders herauskommen. Acht Jahre nach seinem letzten Solo-Album hat Thomas Quasthoff erstmals mit der von mir verehrten NDR-Bigband eine Jazz-Platte eingespielt. Die lang erwartete Synthese eines klassisch ausgebildeten Sängers und einer international bewährten Bigband lässt aufhorchen. Quasthoffs Stimme erreicht eine unerreicht entspannte Tiefe und sucht im Jazz ihresgleichen. Diese CD geht unter die Haut.
Arien ausschließlich von Verdi - das verspricht ein Feuerwerk zu werden. Und ist es auch. Ob Arien aus Nabuco, Attila, Luisa Miller oder Stoffelig: die bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva meistert schwierigste Partien und versetzt den Zuhörer in einen spannungsgeladenen Zustand, der sich in Begeisterung entlädt am Ende dieser Einspielung mit dem Münchener Rundfunk-orchester unter Leitung von Verdi-Spezialist Massimo Zanetti. Yoncheva stimmt sich mit dieser CD auf ihre Hauptrolle in Luise Miller dieses Jahr an der Met ein.
Eine Reise zu ihren musikalischen Wurzeln in Memphis/Tennessee unternimmt die Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater mit ihrer neuen CD. Die Grammy-Preisträgerin ist eine der Legenden des amerikanischen Jazz. Die neue Platte der 1950 geborenen Sängerin geht weit über eine musikalische Erinnerung an ihre Heimatstadt hinaus (obwohl auch das es schon wert wäre, an diesen hot spot der US-Kultur): "Memphis - Yes, I'm ready" ist eine Reminiszenz an den Blues und die R&B-Klassiker schlechthin. Ein Genuss bei jedem einzelnen Titel.
Der kubanisch-amerikanische Saxophonist Yosvany Terry und der französische Pianist Baptiste Trotignon begeben sich auf die Spurensuche nach afrikanischer Musik in den USA und den früheren französischen Kolonien in Amerika. Die CD versammelt eine Mischung ungewohnter Klänge und Melodien aus aus der Karibik, dem früher französischen Louisiana und New Orleans - interpretiert in der musikästhetischen Jazz-Rezeption des 21. Jahrhunderts. Ein rhythmischer Genusshappen für Jazzfans.
Philipp Glass gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Minimal Music. Zu seinem 80. Geburtstag am 31. Januar 2017 ist jetzt eine "Best of"-Doppel-CD seiner Werke herausgekommen, die den ganzen Reichtum seiner Musik zusammenfasst. Es ist ein Kompendium der ungewöhnlichen - meist polyrhythmischen - Klänge, die der Mainstream-Radiohörer gar nicht mehr für möglich hält. Eine Reise in das musikalische Kulturerbe Asiens, Afrikas, in den Rock und den Jazz. Ein Eklektizismus voller Reize und Entdeckungen.
(Januar 2017)
Die neue CD des Münchener Tenors Jonas Kaufmann ist seine persönliche Hommage an Italien. 18 Klassiker der italienischen Oper und des italienischen Films hat Kaufmann für diese wundervolle CD eingespielt: "Mattinata", eigentlich Enrico Caruso auf den Leib geschrieben, "Non ti scordar di me" ist die Melodie des gleichnamigen Films von Vittoria de Sica von 1935. Lebensfreude, Tragik, Liebe, Leidenschaft - Kaufmanns Neuerscheinung hält alles bereit für einen gefühlvollen Abend voller italianità.
(Januar 2017)
Wagners 16-stündige Tetralogie "Der Ring der Nibelungen" auf nur eine Stunde konzentriert? Der niederländische Komponist Henk de Flieger hat 1991 ein solches Arrangement hinbekommen, und der experimentierfreudige Kristjan Järvi hat es jetzt mit dem soeben gegründeten Baltic Sea Philharmonie Orchestra eingespielt. Eine Reminiszenz an Wagners Zeit in Riga von 1837 bis 1839. Wagners Ring irgendwie vertraut - und doch ganz anders. Ein starker Neuzugang zu diesem Werk.
(September 2016)
Eric Satie ist am 17. Mai 2016 vor 150 Jahren geboren. Dieser originelle Komponist, der Klaviermusik wie Samt geschrieben hat, ist einer meiner Lieblingsmusiker. Die Pianistin Olga Scheps hat für ihr "Geburtstagsalbum" zu Ehren des Franzosen die meditativen sechs "Gnossiennes" und die drei "Gymnopédies" zusammen mit eher selten zu hörenden Stücken Saties eingespielt. Immer wieder schön zu hören, entspannend und von einer bezaubernden Zeitlosigkeit.
(Juni 2016)
Sonny Rollins ist einer der bedeutendsten Tenorsaxopho-nisten des zeitgenössischen Jazz. Der 1930 in New York geborene Musiker prägte Generationen von Nachfolgern. Jetzt hat er einige seiner besten Live-Mitschnitte zwischen 1979 und 2012 auf einer CD zusammengestellt. Die Platte gibt einen hervorragenden Überblick über Rollins' Können aus über 30 Jahren praller Schaffenskraft. Besonders hörenswert: ein bislang unverfügbares 23-minütiges Medley aus seinem Bostoner Konzert vom 15. September 2001. (April 2016)
Nanu, ist Barry White auferstanden und macht jetzt in Soul-Jazz? Soul konnte er ja schon immer gut... Der italienische Musiker Mario Biondi hat genau diese dunkle Stimmlage, die Barry Whites Markenzeichen war. Auch Biondis Stimme geht unter die Haut, wenn er den Bogen spannt vom Broadway-Swing über R'n'B bis zum Blues. In Italien stürmte Biondi mit seinen etzten Alben "Sun" und "Mario Christmas" die Charts. "Beyond" ist sein neues Studioalbum, das in Zusammen-arbeit mit Größen wie Dee Dee Bridgewater oder Jeff Cascaro entstanden ist. (Juni 2015)
J.D. Souther ist als Solo-Sänger weniger bekannt denn als Songschreiber für die Eagles oder Linda Ronstadt. Mit seiner neuen CD "Tenderness" zeigt er sein Können als Grenzgänger zwischen Pop, Soul und Jazz. Viele der einfühlsamen Stücke sind Reminiszenzen an die ganz Großen der amerikanischen Musik: Cole Porter, George Gershwin, aber auch Paul Simon und Bob Dylan. Die Songs atmen Melancholie und Zartheit - Tenderness eben. Schöne Musik für Abende allein oder zu zweit bei einem Whisky oder einem Glas Wein. (Mai 2015)
Smetanas "Moldau" war das erste Orchesterwerk, das ich nicht nur gehört, sondern als Schüler schon auch analysiert habe. Es ist für mich eines der schönsten Werke der klassischen Musik. Wie mag das klingen: die berühmte "Moldau" auf einer Harfe gespielt? Der Harfenist Xavier de Maistre beweist auf seinem neuen Album, dass dies technisch nicht nur möglich ist, sondern auch, dass es fantastisch funktioniert: alles klingt wie aus einem Guss. Ein ganz seltenes, ungewohntes und schönes Hörerlebnis. (April 2015)
Benjamin Richter: ein Typ, von dem man nicht auf den ersten Blick erwartet, dass er Pianist ist: tätowiert, gepierct... Eher heavy Metal als romantisches Piano. Sein erstes Album ist eine aufregende Mischung aus Yiruma und großem Orchesterwerk, Klassik und sphärischen Klängen, Depesche Mode und Beethoven, Fuge und Funk. Crossover, mal still, mal laut, immer gut hörbar (April 2015)