Beitritt schwer zu vermitteln
Auf dem EU-Gipfel in Brüssel haben die Regierungschefs der Union dem Beitritt Kroatiens zur EU zugestimmt. So richtig diese Entscheidung im Sinne des europäischen Projekts und der Völkerverständigung auch ist, so schwer vermittelbar ist sie gerade bei den Bevölkerungen der nördlichen und prosperierenden EU-Staaten, insbesondere auch in Deutschland.
Kroatien gehört ohne Frage zu Europa: ein katholisches Land auf historischem Boden, tief verwurzelt in der europäischen Geschichte und Tradition. Das politische System ist stabil, die Wirtschaft hat seit der Loslösung von Jugoslawien 1991 enorme Fortschritte bei der Transformation vom Sozialismus zur Marktwirtschaft gemacht. Das Assoziierungsabkommen mit der EU von 2001 hat hier die entscheidenden Impulse gebracht. Kroatien wäre vermutlich schon längst EU-Mitglied, wenn es nicht derart mangelhaft mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal kooperiert hätte, dass die EU-Kommission der Regierung in Ljubljana deutliche Worte ins Stammbuch schreiben musste. Kroatien ist auch bei weitem nicht so bockig wie beispielsweise Serbien, von dem man den Eindruck hat, dass es sich Moskau zuweilen näher fühlt als Brüssel. Also alles gut mit dem Beitritt Kroatiens zur EU?
Mitnichten. Trotz der Fortschritte in der Wirtschaft wird das künftige EU-Mitglied Kroatien große Transferzahlungen erhalten. Das Bruttoinlandsprodukt des Mittelmeer-Anrainers beträgt pro Einwohner ganze 14.000 Dollar (zum Vergleich Deutschland: 41.000 Dollar). Wenn Zagreb zur EU dazustößt, wird es also vor allem eines: die Hand aufhalten. Angesichts der existenziellen Krise, in der sich die Europäische Union momentan wegen Griechenland befindet, kann sich Europa keinen weiteren Pflegefall am Mittelmeer leisten. Die Kräfte, die an den (noch) prosperierenden EU-Staaten wie Deutschland zerren, drohen die ganze Union zu zerreißen. Wie Bundeskanzlerin Merkel den Deutschen erklären will, dass es gut ist, dass Kroatien bald dazugehören wird, ist ihr Geheimnis. Soviel ist sicher: die Begeisterung wird nicht groß sein.
Klüger wäre es gewesen, wenn die EU-Regierungschfes den Kroaten in aller Freundschaft gesagt hätten: Lasst uns noch Zeit mit Eurer Aufnahme. Wir wollen erst einmal unsere Probleme in den Griff bekommen, dann empfangen wir Euch mit offenen Armen. Das wäre auch ein deutliches Zeichen nach innen, an die eigene Bevölkerung gewesen. So aber diskreditiert die Politik den noblen europäischen Gedanken vollends und leistet rechtspopulistischen Bewegungen in fast ganz Europa Vorschub. Die Deutschen verpfänden ihre Steuereinnahmen gerade an Griechenland. Kroatien muss nicht auch noch sein. Jedenfalls jetzt noch nicht.
Kommentar schreiben