Bin-Laden-Nachfolger

Die Terror-Hydra braucht einen Erfolg

 

Al-Kaida hat einen Nachfolger für den getöteten Terrorchef Osama bin-Laden ernannt. Der neue Mann an der Spitze der islamistischen Verbrecher ist der ägyptische Chirurg Dr. Aiman al-Sawahiri. Der bisherige Stellvertreter bin-Ladens hatte wohl schon in den vergangenen Jahren de facto das Netzwerk geleitet, stand aber immer im Schatten des Chefs, dem er an Intelligenz überlegen, an Eloquenz aber unterlegen war.

 

Al-Sawahiri übernimmt Al-Kaida in einer kritischen Zeit. Die USA haben in Afghanistan, in Pakistan, aber auch im Jemen einen enormen Verfolgungsdruck aufgebaut und mit der Tötung bin-Ladens gezeigt, dass sie dem weltweiten Terror alles andere als machtlos gegenüberstehen. Zudem haben die Ereignisse in Tunesien, Ägypten, Libyen bis hin nach Syrien gezeigt, dass der Aufstand der Massen gerade nicht durch die religiösen Eiferer und Fundamentalisten getrieben ist, sondern im Gegenteil von jungen Menschen, die Hunger nach Freiheit, Demokratie und wirtschaftlicher Prosperität haben. Al-Kaida hat in der Arabellion - wahrscheinlich zum Entsetzen mancher seiner Aktivisten - keine Rolle gespielt. Das Gesellschaftsmodell, das von den Steinzeit-Islamisten um bin-Laden und al-Sawahiri entworfen worden ist, hat in der arabischen Welt kaum eine Chance.  Weder ist der Massenaufstand in der Religion noch in der Ablehnung des Westens begründet. Ganz im Gegenteil.

 

So bleibt dem neuen Kopf der Terror-Hydra nur der Weg in einer noch weitere Radikalisierung der al-Kaida-Bewegung, wenn er seine Daseinsberechtigung als globaler Groß-Verbrecher behaupten will. Es deutet einiges darauf hin, dass unter al-Sawahiri stärker als bislang fanatische Einzeltäter unter al-Kaida-Flagge bomben und morden könnten und dass er zugleich einen symbolträchtigen Anschlag plant, um sich als Kopf der Bewegung in Szene zu setzen und seine Position zu festigen.

 

Der Westen, aber auch wankende Regime in Pakistan oder Jemen, sollten sich daher auf eine Verschärfung der al-Kaida-Gefahr in der nächsten Zeit einstellen. Al-Sawahiri braucht einen Erfolg, und er wird ihn herbeibomben. Die Verletzlichkeit der westlichen Gesellschaften hat ja nicht abgenommen seit dem 11. September 2001, sondern sie hat durch weitere Vernetzung und der Komplexität ihrer Infrastruktur eher zugenommen. Und selbst wenn den USA ein weiterer Paukenschlag gelänge und sie über kurz oder lang auch al-Sawahiri töten: dann wächst der nächste Kopf dieser Hydra nach. Al-Kaida auszurotten wird ein Traum bleiben, demokratische Reformen in manchen arabischen Staaten hin oder her. Wachsamkeit und anhaltender Druck auf das Terrornetzwerk bleiben das Gebot der Stunde.

 

 

 

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