Zerfallsprozesse am Indus
Der dreiste Angriff der Taliban auf den Marinestützpunkt der pakistanischen Streitkräfte muss den Vereinigten Staaten und auch Europa die Sorgenfalten ins Gesicht treiben. 18 Stunden haben die
Kämpfe auf der weitläufigen Militärbasis gedauert, etliche Menschen sind ums Leben gekommen, wertvolles Militärmaterial wurde zerstört. Dass die Taliban inzwischen eine derartige Kampfkraft
haben, über schweres Gerät verfügen und sich nicht mehr nur auf feige Bombenattentate beschränken, ist eine neue Qualität: sie stellen sich Mann gegen Mann der (einstmals) mächtigen
pakistanischen Armee.
Dass diese eine derartige Demütigung hinnehmen muss, macht deutlich, wie weit die Zerfallsprozesse in dem Staat am Indus schon fortgeschritten sind. Die Taliban scheinen frei agieren zu können,
und die Armee hat Mühe und Not, den Angreifern etwas entgegenzusetzen.
Besorgniserregend ist, dass Pakistan Atommacht ist. Die atombestückten Raketen richten sich gegen den Erbfeind Indien. Nicht auszudenken, wenn die Taliban das nächste Mal nicht einen
pakistanischen Marinestützpunkt angreifen, sondern eine Atomwaffenbasis. Wenn die Armee dann auch derart hilflos agiert wie jetzt, dann kann sich die Welt auf etwas gefasst machen. Auch nur eine
einzige Atombombe in der Hand der Taliban - kaum auszudenken, was das bedeutet.
Am Indus muss dringend etwas geschehen. Die USA können nicht länger zusehen, wie die Taliban immer aggressiver werden und das Land weiter destabilisieren. Unegachtet der Verstimmungen zwischen
Islamabad und Washington nach der Aktion gegen Osama bin Laden Anfang des Monats müssen beide Regierungen wieder enger zusammenarbeiten, damit aus Pakistan nicht ein Krisenherd wird, gegen den
Afghanistan ein Spielplatz war.
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